Kohlendioxid

Teil 1: Grundlagen und Möglichkeiten zur C02-Versorgung der Aquarienpflanzen

Text und Fotos: Bernd Greger

Aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Photosynthese weiß man, dass Pflanzen nur dann wachsen und damit Nährstoffe aufnehmen können, wenn sie neben Licht und Wärme auch Kohlenstoff in ausreichender Menge zur Verfügung haben. Licht und Wärme steht den Pflanzen durch die Sonne zur Verfügung. Den benötigten Kohlenstoff entnehmen sie dem in der Luft vorhandenen Kohlendioxid.(CO2). Für Pflanzen im Wasser ist diese Kohlenstoffversorgung aber so einfach nicht möglich.

Für Wasserpflanzen bzw. submers wachsende Sumpfpflanzen herrschen ganz andere Verhältnisse als für Landpflanzen. Das in der Luft befindlieche CO, diffundiert zwar auch in das Wasser, seine Aufnahme durch die Pflanzen kann jedoch durch im Wasser gelöste Inhaltsstoffe blockiert werden. Dies gilt selbstverständlich auch für unsere Aquarien. Um einen guten Pflanzenwuchs im Aquarium zu erreichen, muss aber ausreichend CO, im Aquarienwasser vorhanden sein. Verwendet man zum Teilwasserwechsel Leitungswasser kann schon eine Zudosierung von CO2, erfolgen, weil von den meisten Wasserversorgungsbetrieben zum Schutz der Leitungen vor Verkalkung CO, im Wasser gehalten wird. Ist dies nicht der Fall, muss CO2 durch entsprechende Anlagen zugeführt werden, zumal zwischen den Wasserwechseln, wenn nicht ein "Wasserwechsel im Durchlauf' erfolgt, oft mehr CO2, von den Aquarienpflanzen verbraucht als durch die Atmung der Fische produziert wird. Da CO2 neben dem Kohlenstoff auch Sauerstoff enthält, der bei der Assimilation der Pflanzen frei   wird, ist ein guter Pflanzenwuchs von unschätzbarem Vorteil für alle Lebewesen im Aquarium. Durch CO, werden die Pflanzen mit Kohlenstoff und die Fische mit Sauerstoff versorgt.

Dieses Aquarium von Rosemarie Reese, Pinneberg, wird... mit CO, betrieben (ca 30 Blasen/Minute)

Erste Versuche mit CO2 Zudosierung und Fortschritt

Die oben geschilderten Zusammenhänge hat in den 1960-er Jahren Kaspar Horst als erster für die Aquaristik erkannt und zunächst in eigenen Versuchen seine Aquarien mit C02 versorgt. Die Erkenntnisse aus diesen erfolgreichen Versuchen führten zum ersten CO,-Gerät durch die Fa. Hilena. Dieses Gerät war mit einer kleinenC02-Patrone ausgestattet, wie sie in Haushalten zum Anreichern von Getränken mit Kohlensäure verwendet werden. Die Einleitung des CO, in das Aquarienwasser erfolgte über ein Rohr, das am oberen Ende mit einer Gaze abgedeckt war, durch die das C02 ins Wasser diffundieren konnte. Über ein Absperrventil wurde das im Rohr verbrauchte C02 immer wieder von Hand aus der Patrone aufgefüllt. Wie sich später herausstellte, war die zugeleiteteC02-Menge aus dieser kleinen Patrone noch zu gering, um Pflanzen in Aquarien optimal zu versorgen. Folgerichtig waren größere C02-Depots und höhere Diffusionsmengen notwendig. Die Fa. Dupla entwickelte deshalb erstmals für die Aquaristik eine automatische Anlage, die CO, aus einer großen Flasche entnimmt. Die zuzugebende C02-Mengewurde über den pH-Wert mit einem Magnetventil reguliert und durch einen Diffusor oder einen Reaktor ins Wasser eingeleitet. Für einen Diffusor ist Druck erforderlich. Ein Reaktor funktioniert ohne Druck. Derartige Anlagen werden inzwischen auch von zahlreichen anderen Firmen angeboten. Da für den Erwerb dieser Anlagen ein erheblicher finanzieller Aufwand notwendig ist und der Betrieb große Aufmerksamkeit und entsprechendes Fachwissen erfordert, haben viele Firmen ergänzend dazu vereinfachte Anlagen entwickelt. insgesamt hat sich das Verfahren zur CO,-Zudosierung gerade in den letzten Jahren so stark weiterentwickelt, dass die Übersicht über die einzelnen Verfahren problematisch geworden ist. Außerdem sind völlig andere Verfahren entwickelt worden. Im Folgenden soll deshalb über die Verfahren und im Teil 2 in der Märzausgabe über die Anlagen eingehend berichtet werden. Entsprechende Testversuche sollen dem Aquarianer die Möglichkeit geben, sich für die Anlage zu entscheiden, die gerade für sein Aquarium geeignet erscheint.

Messung des pH-Wertes und Methoden dazu

Das im Wasser vorhandene CO, beeinflusst die Wasserstoffionenkonzentration, besser unter dem Namen pH-Wert bekannt. Bei der Zuleitung von CO, verschiebt sich dieser Wert in den sauren Bereich. Aus diesem Grund ist bei allen Versuchen und der Verwendung von CO,-Anlagen aller Art die Messung des pH-Wertes mit einem entsprechenden Messinstrument eine unabdingbare Voraussetzung zur richtigen Handhabung aller Anlagen. Sogenannte Spektrometer, bei denen das durch einen Indikator gefärbte Wasser mit verschiedenen Farbscheiben verglichen werden kann, oder Indikatorstreifen reichen wegen ihrer Ungenauigkeit nicht aus. Auch Tropftests sind leider für die Aquaristik nicht zu empfehlen, weil bei Gebrauch die Messflüssigkeit durch das in der Luft vorhandene CO, schnell verfälscht wird. Die direkt in das Aquarienwasser einzubringenden Kipptests bieten zwar einen ungefähren Hinweisüber die CO,-Situation im Wasser, lassen jedoch gleichfalls an Genauigkeit zu wünschen übrig. Wenn man weiß, dass die Eichung der zum pH Meter gehörenden Elektrode lediglich etwa vierteljährlich durchzuführen ist, wenn diese Elektrode dauerhaft im Wasser des Aquariums verbleibt, kann jeder den Zustand des Wassers in seinem Aquarium genau erkennen, wenn er die Karbonathärte seines Wassers kennt und das von Prof. Grohmann vom Bundesumweltamt erarbeitete Diagramm 1 (unten) einsieht.

Ermittlung des CO,-Gehaltes

In der Luft sind etwa 0,033 % CO, vorhanden, das auch ins Wasser eindringt und dabei etwa 0,75 mg C02/1 Wasser erzeugt. Der pH-Wert stellt sich dabei in Abhängigkeit von der Karbonathärte auf eine entsprechende Marke ein, die der Tabelle 2 entnommen werden kann. So sind als Beispiel aus dieser Tabelle bei einer Karbonathärte von 11,5 'dKH diese 0,75 Mg C02/1 Wasser bei einem pH-Wert von etwa 8,5 enthalten. Aus dieser Tabelle ist auch zu entnehmen, dass unabhängig von der Karbonathärte bei allen pH-Werten über 8 so gut wie kein CO, im Wasser vorhanden sein kann. Diese Werte sind bis auf ganz wenige Ausnahmen für die meisten Aquarienpflanzen unzureichend und erklären, warum in Aquarien, in denen keine entsprechenden Vorkehrungen zur Versorgung der Pflanzen Mit C02 getroffen werden, der Pflanzenwuchs mangelhaft ist. Wie ich in meinem Buch"Pflanzen im Süßwasseraquarium" (Birgit Schmettkamp Verlag, 1998) publiziert habe, kommen fast alle Pflanzenarten mit Werten zwischen 5 und 20 mg CO2 Aquarienwasser aus. Das optimale Wachstum der verschiedenen Pflanzenarten liegt allerdings bei unterschiedlichen eng begrenzten Werten in diesem Bereich. Dieser pflanzenfreundliche C02-Bereich ist im Diagramm 1 grau markiert und kann bei entsprechender Veränderung der Zudosierung erreicht werden. Sehr viele Arten der Aquarienpflanzen tolerieren Schwankungen zwischen 5 und 20 mg. Sie wachsen bei nicht optimalen Werten etwas langsamer. Es gibt jedoch auch einige Arten, insbesondere die echten Wasserpflanzen, die auf jegliche Schwankungen der CO,-Menge mit dem sofortigen Zerfall reagieren. Beispielhaft seien hier die Ottelia-Arten erwähnt. Aus dem Bereich der Sumpfpflanzen reagiert Härtels Wasserkelch, Cryptocoryne affinis, mit der sogenannten Cryptocorynenfäule, wenn der C02-Gehalt schwankt. Zur Pflege dieser Pflanzenarten sind automatische Anlagen mit ihrem konstanten C02-Wert unabdingbar. Der Vollständigkeit halber sei auch die Kanadische Wasserpest, Elodea canadensis, genannt, die auf die Zufuhr von CO, verzichten kann, weil sie als eine der wenigen Pflanzen in der Lage ist, den benötigten Kohlenstoff aus den Härtebildern des Hydrogencarbonats zu entnehmen. Diese Wasserpflanze ist jedoch für ein tropisches Süßwasseraquarium weniger geeignet, weil sie ursprünglich aus den gemäßigten Klimabereichen des nordamerikanischen Kontinentes stammt. Außerdem lagern sich die Kalkanteile des aufgebrochenen Hydrogencarbonats als weißer Belag auf den Blättern ab.Zu einem genauen CO,-Wert führt leider nur ein Umweg über die beiden Parameter Karbonathärte ('dKH) und pH-Wert. Für die Messung der Karbonathärte genügt ein einfacher Tropftest. Für die Ermittlung des pH-Wert ist - wie bereits erwähnt - ein pH-Messgerät erforderlich, weil Änderungen des pH-Wertes hinter dem Komma bereits erhebliche C02-Veränderungen bedeuten können. Nach der Messung beider Werte ist aus dem Diagramm 1 zu entnehmen, welche CO,Menge im Wasser vorhanden ist.

Einfluss der Härte des Wassers auf den CO,-Gehalt

Bei der Auswahl von C02-Anlagen muss man wissen, dass die benötigte C02-Menge nicht nur von der Größe des Aquariums, sondern ganz erheblich von der Karbonathärte des Wassers abhängt. Für weiches Wasser, das eine geringe Karbonathärte aufweist, wird weniger C02 benötigt, als für hartes Wasser. Das bedeutet, dass hartes Wasser mehr freies C02 bindet als weiches Wasser. Deshalb lautet die wissenschaftliche Bezeichnung für diese Wasserhärte auch nicht Karbonathärte, sondern Säurekapazität oder auch Säurebindungsvermögen.Oft wird die Frage gestellt, ob der pH-Wert für einen gesunden Pflanzenwuchs unter dem Neutralpunkt 7 liegen muss. Die Antwort lautet eindeutig: Nein. Aus dem Diagramm 1 ist abzulesen, dass ein gewünschter Wert von beispielsweise 20 mg/1 in Abhängigkeit von der Karbonathärte sowohl im sauren Bereich (unter 7) als auch im alkalischen Bereich (über 7) liegen kann, wie das im Diagramm 1 beispielhaft am Berliner Leitungswasser verdeutlicht wird.

Quellen zur CO.-Versorgung

Leitungswasser

Senkt sich der pH-Wert nach einem Teilwasserwechsel, so zeigt die Differenz zwischen dem Wert vor und nach der Frischwasserzugabe die Anwesenheit von CO, im zugeführten Wasser an. Diese CO,-Menge kann wiederum aus Diagramm 1 entnommen werden. Sollten dagegen andere Säuren, wie Huminsäure aus Torf oder Wurzeln, die Absenkung des pH-Wertes verursacht haben, so kann ein einfacher Versuch weiterhelfen: Man begast das frisch gewechselte Wasser im Aquarium mit einer starken Luftpumpe. Steigt der pH-Wert wieder an, ist das CO, wieder ausgeblasen worden. Bleibt der Wert unverändert, sind andere Säuren vorhanden, die den pH-Wert abgesenkt haben.

Automatische Anlagen

Zweifellos sind automatische CO,-Anlagen besonders nützlich, weil sie den Aquarienpflanzen ständig eine gleiche Menge an CO, anbieten. Das umfangreiche Zubehör und die Kosten können jedoch abschrecken. Im Einzelnen werden ein pH-Regelautomat (eine Erweiterung eines pHMeters), ein Magnetventil, ein Druckregulierer mit Manometer, ein Blasenzähler und ein CO,Depot in Form einer Druckflasche benötigt. Ergänzend kann ein Rückschlagventil und ein Diffusor notwendig sein. Die Bedienung dieser Anlagen ist allerdings mit einigen Problemen verbunden: Die erheblichen Drücke um 60 bar in den CO,Flaschen sind schwierig auf geringere Drücke abzusenken. Die empfindlichen Nadelventile im Druckminderer sind bei falscher Bedienung sehr schnell zerstört oder können auch verstopft sein. So sind nur einige Blasen CO, pro Minute, beispielsweise alle zehn Sekunden, kaum einzustellen. Für Aquarien mit weichem Wasser, die nur geringe Mengen an CO, benötigen, sind diese Anlagen nur mit Schwierigkeiten zu verwenden. Man sollte sich deshalb vor dem Kauf der relativ teuren Geräte die geringste mögliche Dosierung der CO,-Menge vorführen lasen. Alternativ kann man einfache Geräte einsetzen, bei denen nicht die hohen Drücke auftreten. Schwankungen des CO,-Wertes treten allerdings bei diesen einfachen Geräten auf.

Zu achten ist auch auf die Dichtigkeit der Magnetventile. Gelangen durch undichte Stellen nach dem Abschalten des Ventils immer noch einige wenige CO,-Blasen ins Wasser, sinkt der pHWert langsam aber sicher immer weiter ab und kann Schäden an Pflanzen (und auch Fischen) verursachen. Ich habe in einem derartigen Fall zwei Magnetventile hintereinander geschaltet. Die Fa. Papillon bietet einen Adapter an, mit dem das Magnetventil direkt an das Manometer angeschlossen werden kann. Dadurch steht der CO,Druck bei Abschaltung des Magnetventils nicht mehr auf dem dünnen Luftschlauch (wie allgemein üblich), sondern direkt an der Flasche. Damit werden mögliche CO,-Verluste durch den dünnen Luftschlauch vermieden.

Auch die Rückschlagventile, die den Rückfluss des Wassers bei leerem CO,-Depot verhindern sollen, haben ihre Tücken. Bei geschlossenem Ventil muss zunächst ein entsprechender Druck aus der Flasche aufgebaut werden, um CO, durch diesen Engpass hindurch zu treiben. Im Moment des Öffnens des Rückschlagventils lässt der aufgebaute Druck automatisch wieder nach, so dass das Ventil wieder schließt. Damit herrscht im Schlauch zum Aquarium immer ein unterschiedliches Angebot an CO2

Resümee

Zweifellos haben die automatischen CO,-Anlagen einen unschätzbaren Fortschritt für das gute Wachstum der Pflanzen im Aquarium gebracht. Gleichwohl sollte man von dem Begriff "automatisch" nicht ableiten, dass diese Anlagen über längere Zeit völlig ohne Aufsicht und Kontrolle bleiben können. Die Beschreibung, einschließlich der Vor- und Nachteile, solcher Anlagen folgt im Teil 2  

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aus „Das Aquarium“ 2/2002 Seite 30
Mit freundlicher Genehmigung des SCHMETTKAMP Verlags.

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