Ralf Balven
Knaller im Meerwasseraquarium
Zum gemeinsamen Leben von Knallkrebsen und Symbiosegrundeln
Krebse der Familie der Alpheidae unterscheiden sich von anderen Krebsen und Garnelen im wesentlichen durch eine übergroße Knallschere, die ihnen den deutschen Namen Pistolen beziehungsweise Knallkrebs gab. Mit dieser Knallschere verfügen die Knallkrebse über eine von drei Besonderheiten in der Ordnung der Zehnfußkrebse, Decapoda. Mit der Schere erzeugen sie ein sehr lautes Knallgeräusch, das unter Waser, aber auch außerhalb des Aquariums sehr gut zu hören ist.
Knallkrebs Alpheus species |
Geringelte Symbiosegrundel Amblyeleotris diagonalis |
Gelbe Symbiosegrundel Cryptocentrus cinctus |
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Das laute Knallgeräusch erzeugen Knallkrebse durch
einen Wasserstrahl, der durch eine Muskelbewegung beim Schließen und Öffnen der
Knallschere mit hoher Geschwindigkeit herausgeschossen wird. Der Wasserstrahl wird zur
Verteidigung, aber auch zum Futtererwerb genutzt. So werden von einem Knallkrebs der
Gattung Alpheus in meinem Gesellschaftsaquarium große Krill fast immer
erschossen, Mysis und rote Mückenlarven dagegen nicht
Eine weitere Besonderheit der Alpheidae sind ihre Augen. Sie befinden sich nicht
wie bei anderen Krebsen und Garnelen üblich, auf den meist beweglichen Stielen außerhalb
des Panzers, sondern liegen unter dem Panzer verborgen. Man erkennt nur zwei kleine - je
nach Art - hellere oder dunklere Punkte hinter dem Rostrum (Stirnfortsatz). Die Krebse
sind nahezu blind.
Die für uns Aquarianer wohl auffälligste Besonderheit ist das Zusammenleben der Knallkrebse mit Grundeln aus den Gattungen Cryptocentrus umd Amplyeleotris
In dieser dauerhaften Symbiose, die auch im
Aquarium weiter fortgeführt wird, nutzt der Krebs die gute Sehfähigkeit der Grundel, die
das Umfeld der gemeinsamen Wohnhöhle wachsam beobachtet. Der Knallkrebs gräbt, nein er
baggert den ganzen Tag. Er schiebt mit beiden Scheren, die er quer vor dem Körper hält,
den Sand wie eine Planierraupe vor sich her und türmt ihn um den Eingang der Höhle auf.
Größere Brocken packt er mit den Scheren und trägt sie regelrecht hinaus. So entsteht
um den Eingang herum nach und nach ein kleiner Wall. Diese Anhöhe benutzt die mit ihm in
Symbiose lebende Grundel gerne als Aussichtsplattform. Wird nicht gebaggert, dann
befestigt der Knallkrebs sehr geschickt unter Einsatz seiner Scheren den Eingangsbereich
mit größeren Steinen und Korallenstückchen.
Bevor der Krebs die sichere Höhle verläßt, sucht er mit seinen Fühlern den Kontakt zur
Grundel. Bleibt diese ruhig, kommt er heraus, hält aber weiterhin ständig Kontakt. Bei
Gefahr wird die Grundel nervös und zuckt hektisch mit den Rücken - und Afterflossen.
Diese Signale veranlassen den sehschwachen Krebs zum sofortigen Rückzug in Richtung
Höhleneingang. Bei akuter Gefahr verschwindet die Grundel blitzschnell in der engen
Röhre. Dieser plötzliche Abriß der Signalleitung schaltet beim Krebs den
Turbo - Rückwärtsgang ein - und auch er ist blitzschnell im Innern der
Wohnhöhle verschwunden. Einige Zeit nach einer solchen Fluchtaktion schaut zuerst die
Grundel nach, ob die Luft wieder rein ist, erst später erscheint der Krebs
wieder auf der Bildfläche.
Dieses Verhalten ist besonders im Artenaquarium sehr gut zu beobachten. Die Einrichtung
eines solchen Aquariums sollte aus ca 6 - 10 cm hohem Bodengrund aus Korallensand feiner
bis mittlerer Körnung bestehen, der mit einigen groben Stücken versetzt ist. Diese geben
dem Höhleneingang, aber auch den später gegrabenen Gängen den nötigen Halt. Als
Wohnröhrenersatz eignen sich halbe Blumentöpfe aus Steingut oder Ton, bei denen der
Boden entfernt wird, oder Rohre aus Hart PVC. Mit Sand bedeckt dienen diese Konstruktionen
als Startloch für die künftigen Bergbauaktionen des Krebses.
Ein Gesellschaftsaquarium mit Wirbellosen und Fischen eignet sich auch zum späteren
Einzug eines Knallkrebses, allerdings ist hierbei nicht immer möglich, den Eingang der
Wohnhöhle zu bestimmen. Die gesamte Dekoration wird gnadenlos untergraben, bis der
geeignete Unterschlupf gefunden ist. Ein Grund mehr, die Dekoration des Aquariums sicher
und fest aufzubauen (wer auf Sand gebaut...)
Anfangs hört man seinen neuen Insassen nur oder sieht, mal hier mal da, neue Sandhügel
im ach so aufgerämten Aquarium. Aber mit ein wenig Glück liegt der Eingang der neuen
Behausung so günstig, daß man ihn auch tagsüber gut beobachten kann. Alle gegrabenen
Gänge werden tagsüber auch zum Durchqueren des Aquariums benutzt. Besonders zur
Fütterung erscheint der Krebs in kurzen Abständen an allen möglichen Ausgängen, um
Futterbrocken zu erhaschen. Aber auch im Gesellschaftsaquarium ist der Knallkrebs dauernd
damit beschäftigt, seinen Wohnbereich zu verändern und den Sandboden nach Freßbarem zu
durchsuchen. Ständig werden Seiteneingänge mit Sand und Steinen verschlossen und kurze
Zeit später an anderer Stelle ein neuer Eingang geöffnet.
Tagsüber verläßt der Krebs den Ein- bzw. Ausgang seiner Höhle selten weiter als 5 -10
cm, es sei denn, er steht mit seiner Grundel in Fühlerkontakt. Nachts, wenn alle anderen
Beckeninsassen schlafen, schwimmt der Knaller noch einige Zeit im gesamten
Aquarium auf Futtersuche herum. Im Gesellschaftsaquarium findet er genug Futterreste.
Wirbellose Tiere werden nicht behelligt. Bei diesen Streifzügen wird die Knallschere
oftmals so lautstark eingesetzt, daß man glaubt, es sei irgend etwas im oder am Aquarium
zerbrochen. Anfangs bin ich sogar aus dem Schlaf hochgeschreckt. Einmal konnte ich
beobachten - die Beleuchtung war schon eine Stunde ausgeschaltet - wie sich mein Alpheus
spec. ein heftiges Gefecht mit einem Borstenwurm lieferte. Es knackte und knallte
einige Dutzende Male, bis er mit seiner Beute in der Höhle verschwand.
Schaubecken Meerwasser
Ein nachträgliches Vergesellschaften mit Grundeln der Gattungen
Crytocentrus und Amblyeleotris ist jederzeit möglich.
Zwar brauchen beide eine Eingewöhnungszeit, aber
die Grundel, die in diesem Fall der aktivere Partner ist, läßt nicht locker. Nach
einigen Tagen sitzen beide friedlich im Höhleneingang. Als erste Symbiosegrundel
vergesellschafte ich Amblyeleotris diagonalis mit Alpheus species.Die beiden
verstanden sich auf Anhieb prächtig und schon am nächsten Morgen schauten sie gemeinsam
aus der Wohnhöhle. Leider sprang die Grundel nach ca.drei Jahren aus dem Aquarium heraus.
Etwa 2 Jahre später schenkte mir ein befreundeter Aquarianer eine ziemlich zersauste Cryptocentrus
cinctus. Der von einer anderen Grundel übel zugerichtete Fisch flüchtete, nachdem
ich ihn vorsichtig aus dem Transportbeutel entlassen hatte,zielsicher auf die Behausung
des Knallkrebses zu. Durch einen heftigen Knall zunächst verschreckt, verschwanden beide
nach kurzem Beschnuppern und Betasten aber im Untergrund. Heute nach rund vier Jahren
leben beide immer noch friedlich miteinander.
aus "Das Aquarium" 9/96 Seite 27 ff.
Mit freundlicher Genehmigung des Schmettkamp Verlags.