Manfred Rohleder
Tauchen und Aquaristik, ein Widerspruch ???
Gedanken eines tauchenden Aquarianers
Wie viele Aquarianer vor mir, bin auch ich
durch das Hobby Aquaristik zum Tauchen gekommen. Irgendwann hat mich der schnorchelnde
Blick durch die Tauerbrille nicht mehr befriedigt und die Neugier was da unten
noch kommt zum Abschluss eines Tauchlehrgangs bewogen. Jetzt nach meinem ersten
zweiwöchigen reinen Tauchurlaub der mich wieder auf die Malediven brachte, und
unvergesslichen Taucherlebnissen, sehe ich so manchen Aspekt der Meerwasseraquaristik
durch eine andere Brille.
Immer wieder aufs neue liest man in diversen
Fachzeitungen kontroverse Meinungen von Aquarianern die die These vertreten daß nur Sie
alleine in der Lage sind ökologische Zusammenhänge zu begreifen. Das Heer der
Sporttaucher wird indes als riffzerstörende Horde hingestellt deren Hauptmerk es gilt in
den kostbarsten Wochen des Jahres systemathisch alle zu betauchenden Riffe dieser Welt zu
zerstören. Als Aquarianer und neuerdings Sporttaucher oder besser
Hobbytaucher möchte ich diesen Thesen energisch widersprechen.
V iele meiner Kunden, eine Prozentzahl anzugeben
wage ich nicht, sind durch unser gemeinsames Hobby, die Aquaristik, zum Tauchen gekommen.
Bei den meisten waren die Beweggründe ähnlich gelagert wie bei mir. Das kennenlernen
einer neuen Welt, das eintauchen in die dritte Dimension ist für alle
Neueinsteiger beim Tauchen eine Erfahrung die man am heimischen Aquarium nicht
nachvollziehen kann.
Wie bei allen Freizeitvergnügungen gibt es indes allerdings auch beim Tauchen den Species der sich bei seinem Tauchgang zuwenig Gedanken macht, und durch Gedankenlosigkeit und vielleicht auch Gleichgültigkeit im Riff Spuren hinterlässt.. Glücklicherweisse wächst von Jahr zu Jahr das Umweltbewustsein und viele erstklassige Tauchschulen legen grossen Wert auf umweltgerechtes Verhalten am Riff. Der Typus des rücksichtslosen Trampeltieres der eine Spur der Verwüstung nach jedem Tauchgang hinter sich herzieht gehört wohl, genauso wie die Dinosaurier, den ausgestorbenen Species an. Als Aquarianer der jetzt einige Jahrzehnte aquaristische Erfahrung hinter sich hat macht man sich nichtsdestotrotz Gedanken speziell über die Meerwasseraquaristik. Haben wir im Süsswasserbereich eine Nachzuchtquote von über 98 % so sind wir dem Ziel ähnliche Quoten in der Meerwasseraquaristik zu erreichen noch meilenweit entfernt. Der teilweisse ruinöse Preiskampf einiger asiatischer Staaten hat in den letzten Monaten dazu geführt das Projekte wie die erfolgreiche Nachzucht von Tridacnas in Australien aus Kostengründen wieder eingestellt wurden. Weitere Projekte mussten ebenfalls aufgeben. Es sollte logischerweisse das Ziel eines jeden Meerwasseraquarianers sein so wenig wie möglich zu verbrauchen sondern gezielt seine eingesetzten Niederen Tiere zu vermehren. Die Nachzucht von Riffischen indes bleibt wohl nur wenigen spezialisierten Aquarianern vorenthalten.Die gezielte Vermehrung von Korallen ist heute durch die Vereinfachung der Meerwasseraquaristik problemlos möglich. Galt das vor zwei Jahrzehnten noch als schwierig oder sogar aussichtslos so haben uns doch in den letzten Jahren viele engagierte Aquarianer den Weg dorthin gezeigt. Auch die Zubehöindustrie hat dazu beigetragen das Seewasseraquaristik heute unproblematisch zu betreiben ist. Alleine die Entwicklung von speziellen Reagenzen zum genauen messen von Wasserparametern hat die salzige Aquaristik einen grossen Schritt nach vorne gebracht.
Die gezielte sorgsame Entnahme Niederer Tiere aus einem gut funktionierenden Ökosystem Riff hinterlässt so gut wie keine Spuren. Wer sich mit Riffen auseinandergesetzt hat kann das bestätigen. Jede auch noch so kleine Lücke wird sofort und schnellstens wieder besetzt. Leider ist die Abräummentalität nach dem Motto nach mir die Sintflut bei einigen asiatischen Staaten immer noch vorhanden. Doch wir sollten nicht mit erhobenem Zeigefinger mahnen sondern uns selber an die Nase fassen. Durch zu sorglosen Umgang heizen wir schliesslich die Nachfrage an. Uns Aquarianern jedoch bleibt die Chance durch gezieltes Einwirken auf unsere Importeure und schlichtes Boykotieren bestimmter Länder Einfluss zu nehmen. Wir Europäer tendieren allerdings immer dazu uns als die besserwisserische Seite der Menschheit darzustellen.
Ein Schlüsselerlebiss hatte ich bereits vor 30 Jahren , bei meinem ersten Nordseeurlaub , in Husum an der Nordsee. Jeden Abend lief die Armada der Krabbenkutter in den Hafen ein. Jeder Krabbenfischer hatte ca einen Zentner oder etwas mehr an speisefertigen Nordseekrabben bereits fertig abgekocht mitgebracht. Doch das Gro der Ladung was dann aus dem Kutterbauch , per Förderband, herausgeholt wurde, war für den Verzehr zu klein und wurde per LKW tonnenweisse jeden Abend zum Vermahlen in Fischmehlfabriken gebracht. Die Krabbenbrut landete so in Schweinetrögen und als Hühnerfutter. (Wer erinnert sich nicht an Hühnereier mit dezentem Fischgeschmack ??? ) Jahre später wurde an der Küste gejammert das der Krabbenertag zurückging...............Heute trotz besseren Wissens wird nach wie vor Raubbau mit unseren Meeren getrieben. Als Stichwort nenne ich nur die Treibnetzfischerei, bei der Jahr für Jahr ungezählte Tonnen sogennanter Beifänge ihr Leben lassen müssen. Doch es würde in diesem Rahmen zu weit führen alle Vergehen der Menschheit aufzuführen.
Fazit : Jeder Aquarianer (oder zumindest die Meisten ) der Fische hält, nicht nur weil Sie bunt sind, sondern aus Freude an unserem schönen Hobby wird sicher mit mehr Elan und Verständniss sich für die Belange der Natur einsetzen.Und viele Taucher die den Reichtum der Riffe schätzen und lieben gelernt haben werden wie schon so oft zu begeisterten Aquarianern.
Als Schlußsatz fällt mir der große Konrad Lorenz ein den ich zitiere :
Der Mensch ist nur bereit das zu schützen was er kennt.
Alle Unterwasseraufnahmen : Manfred Rohleder