Der Bach im Ziergarten
Vorschläge zur Gestaltung nach dem Vorbild der Natur
Text und Fotos: Rudolf Suttner
Schon immer sind Gewässer ein Anziehungspunkt in Ziergärten. Die Möglichkeiten reichen von der kleinen Vogeltränke, gehauen in Stein oder modelliert aus Ton, über den Zierfischteich mit Goldfischen, Kois oder Goldorfen besetzt bis hin zum naturnah gestalteten Feuchtbiotop. Seit ein paar Jahren fügt sich eine weitere Möglichkeit hinzu: immer mehr Gartenbesitzer bauen künstliche Bachläufe in ihr grünes Paradies ein. Die technische Verwirklichung ist problemlos, denn Fachgeschäfte bieten hierfür Folien und passende Pumpen an. Mit Solarzellen betrieben, beutelt das plätschernde Vergnügen auch die Haushaltskasse nicht. Damit die liebevoll gestaltete Symphonie nach Smetana dauerhaft Freude macht und nicht in einer Algentragödie endet, hilft ein Abgucken von der Natur.Die Naturgewässer haben in der Regel einen Schutz ihres Wassers und der darin lebenden Pflanzen und Tiere im Jahreslauf entwickelt. Den Schutz bildet die Selbstreinigungskraft durch Sauerstoffeintrag an steil abfallenden Überhängen;Stauden und Gehölze, die Stickstoffverbindungen als Dünger aufnehmen und das Gewässer durch ihr Laub beschatten und kühlen; organische Abfälle fressende Organismen.
Sauerstoffeintrag
Die erste Grundbedingung, die für einen Bachlauf erfüllt werden muss, ist ein Gefälle. je steiler, desto besser. Eine geringe Neigung und Vertiefungen, die das Wasser anstauen, erweisen sich unter ungünstigen Bedingungen bald als Algentümpel. Im seichten Bachlauf erwärmt sich bei den ersten Frühlingsstrahlen das Wasser und bildet eine optimale Grundlage für Algenwuchs. Da in den meisten Fällen kein nachfließendes Frischwasser verwendet wird, sondern immer dasselbe Wasser durch einen Kreislauf jagt, summiert sich der Gehalt an Stickstoffverbindungen -neben der Sonneneinstrahlung eine weitere Bedingung für optimales Algenwachstum.
Ein natürlicher Bachlauf erhält durch die Pflanzen bald einen Sonnenschutz.
Langsam fließende, seichte Bachläufe veralgen im Sommer leicht.
Ein starkes Gefälle, das viele Kaskaden aufweist, unterstützt das Wasser bei der Aufnahme von Sauerstoff und damit seine Selbstreinigungskraft. Steil abfallendes Gelände bereitet jedoch Probleme beim Einbringen der wasserundurchlässigen Folie. Die Geländeführung erfordert ein sorgfältiges Einarbeiten. Mit großen Steinen und Kies muss das künstlich geschaffene Bachbett nachhaltig abgedeckt werden. Der große Wasserdruck transportiert mit der Zeit leichtes Gestein schnell weg und die blanke schwarze Folie zeigt bald die fehlerhafte Ausführung. Die Haltbarkeit der Folie leidet sehr unter der Sonneneinstrahlung, der die, offen gelegten Teile ausgesetzt sind. Der optische Eindruck ist ebenfalls sehr negativ. Neuerdings bietet der Fachhandel für einen künstlichen Bachlauf fertige Bausätze an, die ohne Folie auskommen und einen schönen Gesamteindruck abgeben. Handwerklich begabte Bachbauer können das Problem mit der Folie sicher auch mit Natursteinen lösen, die sie in ein Betonbett legen. Für die Pflanzen müssen bei dieser Vorgehensweise Vertiefungen vorgesehen werden, in die sie eingesetzt werden können.
Waldbäche erhalten nur im Frühjahr genug Licht, damit Blütenpflanzen ihre Farben zeigen können.
Unsachgemäßes Einarbeiten der Folie hat Konsequenzen: unschön und Verlust der Haltbarkeit.
Stauden und Gehölze
Betrachtet man ein Naturgewässer im Jahreslauf, kann man folgende Vegetationsfolge erkennen: Im März, wenn die Sonneneinstrahlung noch relativ gering ist, zeigen die Bäche stolz ihr Wasser. Am Ufer wachsen wunderschön blühende Pflanzen. Die weithin sichtbaren sattgelben Blüten der Sumpfdotterblume, Caltha palustris, stechen jedem Betrachter ins Auge, aber auch das kleinere Scharbockskraut, Ranunculus ficaria, konkurriert beim Anlocken von Insekten. Aus dem lichten Schatten von Bäumen strahlt das weiß oder violett blühende Buschwindröschen hervor.Auf den Steinen im Wasser und am Ufer siedelt sich eine besondere Pflanzenwelt an. Feinstrukturierte Moose halten sich daran fest, der Farn, Thelypteris palustris, schickt seine wie Elefantenrüssel eingerollten Blätter der Frühlingssonne entgegen. Die wenigen Wochen von Ende März bis Ende April zählen zu den farbenprächtigsten nach den eintönigen Wintermonaten.Eine Besonderheit unter den Bachpflanzen ist sicher das Schwefelmilzkraut, Chrysosplenium oppositifolium. Es zählt zu den seltenen Gästen in einem Garten. Es wird nur etwa 5 bis 10 cm hoch. Im Gegensatz zur Sumpfdotterblume hat es keine Kronblätter, obwohl es zu den Blütenpflanzen zählt. Die sattgrünen Blätter heben sich zwar vom Moos, das ebenfalls auf Steinen wächst, ab, würden aber kaum Insekten anlocken. Die Natur hat sich hier einen Trick einfallen lassen. Die obersten Blätter, sogenannte Hochblätter, der Pflanze übernehmen die Aufgabe der Kronblätter. Sie sind gelb gefärbt und beherbergen die Blütenanlage. In den nächsten Wochen nach der Befruchtung wachsen die Samen in den Fruchtknoten heran. Sind sie reif, werden sie vom Regen heraus gespült. Unter optimalen Bedingungen driften sie an die verschiedensten Stellen des Bachlaufs, um neue Pflanzen hervorzubringen.
Das Buschwindröschen (links) zählt zu den ersten Blütenpflanzen im Frühjahr und liebt den lichten Schatten. Das Schwefelmilzkraut (rechts) bildet zusammen mit Moosen eine wunderschöne Kombination auf Steinen.
Während die Samen des Schwefelmilzkrauts reifen, wachsen andere Pflanzen heran. Der Farn hat schon die ersten Blätter fächerförmig ausgebreitet und schützt die empfindlichen Moose und Milzkräuter vor der Sonneneinstrahlung und der entstehenden Wärme. Gehölze, die gerne am Wasser wachsen, wie die Weiden, Pappeln und Erlen, treiben ihre Blätter aus, um ebenfalls für Schatten und damit für Kühlung zu sorgen. In den sonnendurchfluteten Bereichen streben die Blätter der Wasserschwertlilie, Iris pseudacorus, und des Froschlöffels, Alisma plantago-aquatica, schnell dem Himmel entgegen.
Die Sumpfdotterblume(links) darf an einem künstlichen Bachlauf nicht fehlen. Die kleinere Ausgabe der Sumpfdotterblume ist das Scharbockskraut (rechts).
In den Sommermonaten haben die Bäche einen weiteren Wärmeschutz. Das Mädesüß, Filipendula ulmaria, ist zu stattlichen Exemplaren herangewachsen. Schon von weitem leuchten einem die duftig gelblich-weißen Blütenstände entgegen. Zusammen mit dem Blutweiderich, Lythrum salicaria, der über 1 m an Höhe erreichen kann, sind sie eine wunderbare Zierde unserer Bäche im Sommer. Schmale Bäche erlauben in der Zeit, in der die Sonne ihren Zenit erreicht, keinen Einblick mehr zum Wasser. Im Schatten der Pflanzen bleibt das Wasser schön klar und kühl. Algen haben unter diesen Bedingungen kaum eine Chance. Die kurze Naturbeschreibung erlaubt ein paar Pflanzvorschläge für die Gestaltung eines künstlichen Bachbetts im Ziergarten. Auf der Südseite in der Nähe des Austrittsbereich des Wasser bietet sich an, ein paar Gehölze im Abstand von 1 bis 2 m anzupflanzen. Es sollten Laubbäume sein, die im Frühjahr und Spätherbst genügend Licht durchlassen. Es müssen keine Weiden sein, da sie keine Möglichkeit haben, ihre Wurzeln in den Bach zu bringen. Deshalb sollte man auf schöne Ziergehölze zurückgreifen, die Gartenbaubetriebe verkaufen. Will man einen naturnahen Bachlauf, sind einheimische Gewächse die richtige Wahl: Heckenrose, Schlehe, Hartriegel, Schneeball und Haselnuss sind ein paar Beispiele hierfür. In der Nähe des Wasseraustritts, der wie bereits beschrieben im lichten Schatten der Gehölze liegen sollte, bietet sich die Bepflanzung mit Farn und Schwefelmilzkraut an. Biotopgerecht wäre auch die Echte Brunnenkresse, Nasturtium officinale, die sogar einen vitaminreichen Salat im Frühjahr liefert. Moose sollten auf die Steine gesetzt werden. Am Gewässerrand - nicht im Wasser - würde sich das Buschwindröschen gut eignen. Nachfolgend bildet die Sumpfdotterblume mit ihren orangegelben Blüten von März bis Anfang Juni einen kontrastreichen Farbklecks. Eine kleinere Alternative wäre das Scharbockskraut, das wie die Dotterblume blüht. Im weiteren Verlauf sollten der Froschlöffel, dann der Blutweiderich zusammen mit dem Mädesüß nicht fehlen.
Zu den Hochstauden gehört das Mädesüß (links), zu dem der Blutweiderich (rechts) eine schöne Ergänzung darstellt
Die beiden letzt genannten Pflanzen gehören zu den Hochstauden und dürfen auf keinen Fall beschattet werden. Zu diesen Farb- und Strukturkombinationen passt bestens die Wasserschwertlilie, eine geschützte Pflanze, die wie die anderen Pflanzen auch, nicht der Natur entnommen werden darf. Eine schöne Heilpflanze, der Beinwell, Symphytum officinale, würde in diese Reihe der Bachpflanzen noch gut passen. Die Wurzeln dieser Pflanze wurden und werden in der Heilmedizin bei Knochenbeschwerden eingesetzt. Wer noch gerne blau blühende Bachpflanzen einbringen möchte, hat die Bachbunge, Veronica beccabunga, oder das Sumpfvergissmeinnicht, Myosotis palustris, zur Auswahl. Das hübsche Sumpfvergissmeinnicht erfreut jeden Betrachter mit seiner himmelblauen Farbe. Als Füllpflanzen bieten sich zwischen den Blütenpflanzen verschiedene Seggen und Binsen an. Unter optimalen Bedingungen wachsen alle Pflanzen prächtig und müssen vor der Winterruhe zurückgeschnitten werden, weil die absterbenden Pflanzenreste das Wasser mit Stickstoffverbindungen belastet, die im nächsten Jahr für einen starken Algenwuchs sorgen würden.
Zum Aufräumdienst im künstlichen Bach gehören die Larven von Eintagsf liegen. Sie ernähren sich von absterbenden Pflanzenteilen.
Zu den Könnern zählen jene Bachbesitzer, die Köcherfliegen (links) einen Lebensraum bieten.
Ein kleiner Räuber unter den Kleinlebewesen ist die Steinfliegenlarve (rechts)
Organische Abfälle fressende Organismen
Unter optimalen Bedingungen besiedeln die ver schiedensten Wassertiere das künstliche Gewässer. Viele Insekten legen ihre Eier im Bach ab Daraus entwickeln sich z. B. Eintagsfliegenlarven, die von Algen und sich zersetzenden Pflanzen leben, aber auch Libellenlarven, die wiederum von anderen Insektenlarven leben. Der Nahrungskreislauf: Primär-Sekundär-Konsumenten gilt auch im kleinsten Bach. Die Liste der Insektenlarven könnte ergänzt werden durch Köcherfliegen-, Käfer-, Steinfliegen- und Mückenlarven.Bestimmte Wasser bewohnende Tiere müssen eingesetzt werden oder kommen als blinde Passagiere mit den Sumpfpflanzen. Es sind dies Schnecken, Wasserasseln, Röhrenwürmer und viele andere Geschöpfe, die in einem richtig gestalteten Bachbiotop ein funktionierendes System schaffen, das dem Besitzer eine große Freude bereitet.Im Allgemeinen läuft in einem künstlichen Bachlauf im Ziergarten das Wasser meist in einen größeren Gartenteich hinein. Aus diesem sollte aus der tiefsten Stelle das Wasser für den Bach gepumpt werden. Solar betriebene Pumpen müssten bei mangelndem Licht (Nacht) mit Hilfe anderer Stromquellen ihre Energie erhalten, wenn man auf die beschriebenen Lebewesen nicht verzichten möchte.
Zu den absoluten Schönheiten zählt sicher die Wasserschwertlilie. Sie ist geschützt und darf nicht der Natur entnommen werden.
aus " Das Aquarium" 7/02 Seite 34 ff.
Mit freundlicher Genehmigung des Schmettkamp Verlags.
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