Manfred Rogner
Verbreitung, Lebensräume, Aussehen und Lebensweise von Mauremys caspica
Neben der Europäischen Sumpfschildkröte, Ernys orbicularis,
gehört die kaspische Wasserschildkröte zu jenen Arten, die bei uns gerne in
Freilandterrarien gehalten wird. Hält man die Tiere artgerecht und sind Frühjahr und
Sommer nicht völlig verregnet, kommt es gewöhnlich auch zu Paarungen und Eiablagen,
wodurch es heute möglich ist, von anderen Terrarianern Nachzuchten zu erwerben. Um die
Bedürfnisse der Schildkröten beurteilen zu können, sollte man im Urlaub einmal
Kaspische Wasserschildkröten in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Denn ihr
Verbreitungsgebiet ist riesig und beinhaltet auch zahlreiche Regionen, in denen sicherlich
viele Leser ihren Urlaub verbringen.
Bevorzugter Lebensraum der Kaspischen Wasserschildkröte
sind geschützte Stellen mit überhängenden Ufern
Das Verbreitungsgebiet der Kaspischen Wasserschildkröte, Mauremys
caspica, erstreckt sich über die südliche Balkanhalbinsel, das westliche Kleinasien
und Vorderasien, das südliche Kaukasusgebiet, die angrenzenden Bereiche Anatolien, Iran,
Irak, Israel und Saudi Arabien. Dort findet man die scheuen Schildkröten in allen
möglichen stehenden und langsam fliessenden Gewässern. Offenbar spielt auch die
Wasserqualität nur eine untergeordnete Rolle. obwohl man hin und wieder Exemplare in
völlig vegetationsfreien Abflußgräben beobachten kann, bevorzugen die Tiere doch solche
Gewässer, die ihnen genügend Deckung bieten. Dabei sollten sich Versteckmöglichkeiten
im Wasser (Algenpolster, Wasser - und Sumpfpflanzen, große Wurzeln und Steine usw.) als
auch am Gewässerrand befinden. Die meist gesellig lebenden Tiere leben besonders gerne an
Gewässerabschnitten, an denen der obere Uferbereich etwas überhängt und das Gewässer
leicht zu verlassen ist. Optimal sind solche Bereiche vor allem dann, wenn auch noch
herabhängende Pflanzen ausgezeichneten Sichtschutz bieten. In Bulgarien und
Nordgriechenland leben Kaspische Wasserschildkröten auch im Bereich von Thermalquellen,
und in Armenien findet man sie selbst in klaren Gebirgsbächen bis in 1800 m über NN.
Mauremys caspica rivulata aus dem Kournas See auf Kreta |
Wasserschildkröten sonnen sich gerne auf Baumstämmen die ins Wasser ragen |
Bauchpanzer eines Weibchen Mauremys caspica von Korfu |
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Aussehen
Im Zeitalter der Fotografie bedarf es hier keiner
ausführlicher Beschreibungen, da man das äußere Erscheinungsbild der Kaspischen
Wasserschildkröten an den Fotos erkennen kann. Da man aber 2 Rassen unterscheidet, wird
auf deren Unterschiede näher eingegangen;
Das Verbreitungsgebiet der Nominatform Mauremys caspica caspica, Östliche
Kaspische Wasserschildkröte genannt, erstreckt sich über die Zentraltürkei, den Iran,
Irak und Georgien. Bei ihr kann der Rückenpanzer eine Länge von 20-25 cm erreichen und
ist gewöhnlich sehr glatt. Häufig findet man darauf eine feine Netzzeichnung aus hellen
Linien. Die Brückenschilder sind gelblich bis orange, die Nähte schwarz abgesetzt. Auf
der Oberseite der Randschilder findet man meist kleine schwarze Flecken. Die
Längsstreifen am Hals sind sehr scharf abgesetzt und verlaufen bis zur Nasenspitze.
Die Westlische Kaspische Wasserschildkröte, Mauremys caspica rivulata, hat ihre
Verbreitung in Bulgarien, im südliche Exjugoslawien, Albanien, Griechenland, auf Kreta
und verschiedenen ägäischen Inseln (Korfu, Milos, Kythnos, Kos, Saloniki, Chios).
Außerdem findet man sie in der übrigen Türkei, in Syrien, im Libanon, in Israel und auf
Zypern. Bei ihr kann der sehr dunkle Rückenpanzer 25 bis maximal 35 cm lang werden und
ist manchmal recht uneben. Der Bauchpanzer ist völlig dunkel und auf der Brücke befinden
sich nur selten kleine helle Flecken auf den Schildern. Der Halsstreifen endet gewöhnlich
weit vor dem Auge und erreicht nie die Nasenspitze.
Mauremys caspica rivulata bei Kemer, Türkei |
Beim sonnenbaden lassen sie sich an der Wasseroberfläche treiben oder.. |
liegen auf Wasserpflanzen |
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Wie alle Reptilien sind auch Schildkröten wechselwarme
Lebewesen und müssen die Körpertemperatur durch das Aufsuchen wärmerer oder kühlerer
Stellen steuern. Um sich aufzuheizen nutzen die Schildkröten z.B. das aquatile
Sonnenbaden, bei dem sie an der Wasseroberfläche treibend oder auf Wasserpflanzen
die Sonnenwärme aufnehmen. Unbedingt erforderlich ist aber auch das trockene
Sonnenbaden. Trocknen der Panzer und die Weichteile einmal völlig beim Sonnenbaden
ab, werden dadurch- und durch die UV Strahlen der Sonne - Mikroorganismen abgetötet. Jene
könnten nämlich bei Panzerverletzungen zu Panzernekrosen führen.
Auf Korfu konnte ich an einer Stelle immer wieder Jungtiere und Halbwüchsige dabei
beobachten, wie sie an einem umgestürzten Baumstamm emporkletterten, um sich zu sonnen.
Da Schildkröten starre, mit dem Panzer verbundene Rippen haben, können sie ihr
Lungenvolumen nicht durch Volumenveränderungen des Brustkorbes regeln. Die verbrauchte
Luft muß daher durch besondere Lungenmuskeln aktiv aus den Lungenflügeln gepreßt
werden. Die Lunge funktioniert bei den wasserbewohnenden Arten, also auch bei Mauremys
caspica, gleichzeitig als Schwimmblase. Dabei können bestimmte
Lungenabschnitte willkürlich erweitert und dabei mit Luft gefüllt werden, andere verengt
und entlüftet werden. Auf diese Weise verändern sie im Wasser auch den
Schwerpunkt. Eine zusätzliche Stelle, an der ein Gasaustausch (Sauerstoff-Kohlendioxid)
möglich ist, sind die Schleimhäute der paarig angelegten Analblasen. In den Analblasen
können die Schildkröten auch Wasser speichern. Augen und Nase spielen bei Schildkröten
die wesentliche Rolle für Sinneswahrnehmungen. Selbst unter Wasser können die Kaspischen
Wassserschildkröten noch mögliche Feinde oder Störenfriede am Ufer beobachten. Mit
Hilfe ihrer Augen orientieren sie sich räumlich, erkennen Gefahren, finden Nahrung und
Partner. Vor allem bei der Nahrungs-und Partnersuche werden sie von ihrer Nase
unterstützt. Am Geruch erkennen sie Frßbares - und Männchen erkennen auch, ob es sich
bei der Begegnung mit anderen Wasserschildkröten um einen Artgenossen oder sogar eine
geschlechtlich interessante Partnerin handelt.
Während Jungtiere sich ausschließlich von Kleinkrebsen, Würmern, Insekten und deren
Larven sowie Schnecken und Aas ernähren, verzehren Erwachsene in der Natur neben
tierischer Kost /Würmer, Insekten in allen Stadien, Schnecken und Muscheln, Fische,
Amphibien, deren Laich und Larven) auch sehr viele Pflanzenteile. Sowohl auf Kreta,
Zypern, Korfu als auch in der Türkei konnte ich immer wieder beobachten, daß die
Schildkröten vor allem nachmittags ausgiebig von ihren Algenpolstern fraßen, die sich in
ihren Gewässern befanden. Auf Kreta fraßen zahlreiche Exemplare von einer toten
Würfelnatter, die sich im Flachwasserbereich des Kournas-Sees bei Georgioupoli befand. In
der Nähe von Kemer (Türkei) konnte ich an einem Abwassergraben beobachten wie Kaspische
Wasserschildkröten auf das Ufer kletterten und von einem Haufen Spaghetti fraßen, den
ein Mitarbeiter von einem benachbarten Restaurant entsorgt hatte. Während einige schnell
in den Nudelhaufen bissen und vergeblich versuchten, einiges davon in das Gewässer zu
ziehen, fraßen andere ungeniert an Ort und Stelle.
Da meine Reisen in den Lebensraum der Kaspischen Wasserschildkröten immer nur um Ostern
oder im Herbst stattfanden , war es bisher nicht möglich, einmal ein trächtiges Weibchen
oder ein Gelege zu finden. Entweder waren die Jungtiere bereits geschlüpft oder lediglich
Vorjahrestiere zu finden. Paarungen konnte ich jedoch zu beiden Jahreszeiten beobachten,
vor allem bei Einbruch der Dämmerung.
Nach Gläss und Meusel (1972) hatten vermessene Eier von Mauremys caspica
caspica eine Länge von 39-44 mm und eine Breite von 20-25 mm, die von Mauremys
caspica rivulata 34-44mm bzw. 19-25mm. Schlüpflinge, deren Bauchpanzer sich offenbar
erst kürzlich geschlossen hatte, hatten Panzerlängen von 38-49 mm. Ihr Panzer fühlte
sich noch sehr weich an, so daß er ihnen noch nicht viel Schutz bieten kann. Jungtiere
halten sich häufig auch bevorzugt in den kleinen Randtümpeln größerer Gewässer auf
oder an flachen Stellen mit dichter Vegetation und sehr schlammigen Untergrund, in den sie
sich bei Gefahr schnell verbergen können.
Als natürliche Feinde von Mauremys caspica kennt man hunde-und katzenartige
Raubtiere. Greifvögel, Rabenvögel, Reiher und Störche. Nach Loveridge und Williams
haben erwachsene Mauremys leprosa auch keine Hemmungen, frisch geschlüpfte
Jungtiere der eigenen Art zu fressen. Dies trifft vermutlich auch auf Mauremys caspica
zu. Bemerkenswert waren aber auch andere Tiere im Lebensraum der Kaspischen
Wasserschildkröten; Immer wieder konnte ich zahlreiche Süßwasserkrabben beobachten.
Diese Krabben können eine beachtliche Größe erreichen, und ihre Scheren haben eine
nicht zu unterschätzende Kraft. Daher ist nicht ganz auszuschließen, daß Schlüpflinge
der Kaspischen Wasserschildkröte mit ihrem noch sehr weichen Panzer auch schon einmal
einer Süßwasserkrabbe zum Opfer fallen.
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aus Das Aquarium 2/1999 Seite 62
Mit freundlicher Genehmigung des SCHMETTKAMP Verlags.
Fotos : Manfred Rogner
©copyrightMR2002